Die deutsche Mannschaft mit ihren Silbermedaillen: (von links) Kari Weiner, die Moerserin Pia Ueltgesforth, Leonie Ebert und Sophia Werner knipsen Selfies.
Moers/Novi Sad. „An Pia hat es nicht gelegen“, so eine fechtbegeisterte Mama, die den Mannschaftswettbewerb bei der Kadetten-Europameisterschaft im serbischen Novi Sad via Live-Stream verfolgt hatte. Sie sprach das Auftreten der Florettfechterin Pia Ueltgesforth vom Fechtclub Moers bei den kontinentalen Titelkämpfen vom Wochenende an. Denn mit einer unglaublichen Kaltschnäuzigkeit steuerte Ueltgesforth gemeinsam mit Kari Weiner vom OFC Bonn, Leonie Ebert vom FC Tauberbischofsheim und Sophia Werner vom OSC Berlin im Finale schon Gold entgegen.Am Ende musste sich das Quartett mit Silber begnügen. Und das tat es auch. Zu recht. Denn: Silber bei einer Europameisterschaft holt man auch nicht alle Tage.Wie berichtet, belegte Pia Ueltgesforth in der Einzelwertung in Novi Sad einen tollen 26. Platz. Und schon dadurch machte sie dort auf sich aufmerksam. Denn tatsächlich war nach den Gefechten mehr drin. Nach einem Freilos in der ersten k.-o.-Runde traf sie bei den letzten 64 Fechterinnen auf die Dänin Alexandra Brondum, die mit 8:15 der Moerserin unterlegen war. Leider war trotz toller Gegenwehr dann aber bei der favorisierten Britin Yasmin Campbell Endstation. „Pia hat hier eine unglaubliche Nervenstärke bewiesen und eine tolle Leistung gezeigt“, freute sich zu dem Zeitpunkt schon der Moerser Stützpunkttrainer Matthias Block.Leonie Ebert mit RückenverletzungIns gleiche Horn stieß Nationaltrainer Andrea Maggro, der die Moerserin prompt für die Mannschaftsentscheidung am vergangenen Freitag nominierte. Allerdings musste das Team einen Beinahe-Ausfall verkraften: Leonie Ebert vom FC Tauberbischofsheim, hatte am Dienstag im Einzel noch EM-Bronze geholt – und eine Rückenverletzung zugezogen. So konnte die Top-Fechterin lediglich sporadisch eingreifen, war im Finale schließlich zum Zuschauen verdammt.Überraschenderweise übernahm nun aber Pia Ueltgesforth Verantwortung. Hochkonzentriert trat das deutsche Team gegen Israel auf, und setzte sich mit 45:10 durch. In die Runde der letzten acht Mannschaften wartete mit Frankreich eine nahezu unlösbare Aufgabe. Ebert griff noch einmal ein, Deutschland setzte sich mit 45:44 hauchdünn durch. Im Halbfinale bekamen die Polinnen beim deutlichen 45:26-Erfolg das deutsche Selbstvertrauen zu spüren. Damit war Silber schon sicher. Allerdings blieb der Jubel über den Finaleinzug gegen Russland quasi im Halse stecken, weil Leonie Ebert nun ganz absagen musste.Pia Ueltgesforth ging als erste Deutsche auf die Planche und sah sich Anna Udovichenko gegenüber. Mit 3:2 brachte sie ihre Farben in Führung und übergab an die Berlinerin Sophia Werner. Während die Gefechte anfangs ganz eng verliefen, konnten sich die Russinen zum Ende auf 29:24 absetzen. Und 40 Sekunden vor dem Ende der Gefechtszeit lag Deutschland nahezu uneinholbar mit 29:34 hinten.Sophia Werner gleicht ausDoch Sophia Werner brachte das Kunststück fertig, vor der Schlusssirene zum 34:34 auszugleichen. Die Entscheidung musste nun in der Extraminute fallen, in der der erste Treffer ausschlaggebend ist. Der Sudden Death. Und den ereilte Deutschland.Russland setzte den letzten Treffer und holte sich mit 35:34 den Europameistertitel und Gold. „Was für eine Dramatik“, sagte FCM-Trainer Matthias Block nach dem Finale. Doch am Ende des Tages wurde nicht das verpasste Gold beweint, sondern über EM-Silber gejubelt.„Auch im Moerser Fechtclub überwog die Freude über die Silbermedaille“, versicherte auch Markus Tenbergen, Vorsitzender beim FCM. Er berichtete anschließend davon, dass die beiden Assistenztrainer Hannah Fenger und Matthias Neuhaus kurzfristig zum „Public Viewing“ in die Moerser Sparkassen-Fechtarena an der Filderstraße eingeladen hatten. Und dort tummelten sich aus der ehemaligen Grafenstadt etliche aktive und ehemalige Fechterinnen und Fechter, Freunde und auch die stolze Mutter von Pia Ueltgesforth. Und alle konnten sehen, dass es nicht an der frischgebackene Silbermedaillengewinnerin aus Moers gelegen hat, dass Deutschland kein Gold geholt hat. Unterm Strich hat solch ein Herzschlagfinale auch immer etwas mit dem berühmten Quäntchen Glück zu tun.
Uwe Zak